Unterwegs nach Bratislava. Wir verreisen, um später wieder zurückzukehren (Foto: Bratislava.Sk)
Wozu eigentlich noch ankommen, wenn’s unterwegs so schön ist? Die wahre Kunst des Reisens besteht nicht nur im Erreichen eines Zieles, sondern im bewussten Erleben der augenblicklichen Schönheiten, jener lustvoller Momente, die uns später bis zum Ende unserer endgültig letzten Reise in der Erinnerung begleiten. „Nur Reisen“, so Jean Paul, der literarische Wanderer zwischen Klassik und Romantik, „ist das Leben, wie umgekehrt das Reisen Leben ist.“
Warum verreisen wir überhaupt, warum nehmen wir oft Strapazen auf uns, um nur ein Ziel zu erreichen und dann wieder zum Ausgangspunkt unserer Reise zurückzukehren? Für Jost Krippendorf, den 2003 verstorbenen Schweizer Tourismusforscher, der als einer der Vordenker eines sozial- und umweltverträglichen Tourismus gilt, lag die Antwort auf der Hand: „Der Alltag lässt sich auf Dauer nur ertragen, wenn es Möglichkeiten gibt, ihm zu entrinnen; anders kippt der Mensch aus dem Gleichgewicht und wir krank. Die Freizeit und vor allem das Reisen sollen Farbtupfer in diese kahle Lebenswelt malen.“
Anhänger der Tiefenpsychologie und Sozialforscher kommen zu einer ähnlichen Erkenntnis: Das Verreisen ist Flucht. Wir sehen die moderne Industriewelt, die komplex vernetzte Hi-Tech-Gesellschaft, als Gefängnis, das zum Ausbrechen reizt. Und weil im Grunde auch das Arbeitsleben anstrengend und hässlich ist, die Umgebung oft unangenehm, genormt und von Krisen, Kriegen sowie Klima- und Naturkatastrophen permanent bedroht, taucht das Bedürfnis nach Befreiung auf, der Wunsch nach Flucht ist vorprogrammiert und unvermeidlich.
Wir flüchten daher aus der Enge der Realität in ein imaginäres Reich der Freiheit. Und wenn uns das Abschalten gelingt, entwickeln wir das Bedürfnis, nach der Flüchtigkeit des Reisens wieder in die gewohnte Umgebung, in die Alltagswelt, heimzukehren. Ja, wir reisen, um zurückzukehren. Georg Karp
Schloß Schönbrunn in Wien: Aushängeschild für den Tourismus und wichtiger Geldbringer (Foto: ÖW)
Wie steht der Tourismus in der österreichischen Öffentlichkeit da? Welchen Stellenwert räumt die Politik dieser Branche ein? Wie bringt der Tourismus die unterschiedlichen Interessen in den eigenen Reihen unter einen Hut? Existenzielle Fragen, die Gegenwart und Zukunft einer erfolgreichen Branche, die von der vergangenen und derzeitigen Politik stiefmütterlich behandelt wird, betreffen – der Tourismus.
Mittwochabend, traf sich die Tourismus Community Austria zum dritten Mal, um in der Aula der Wissenschaften den Stellenwert der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich und die Herausforderungen für die Zukunft zu diskutieren.
Rund 80 Gäste verfolgten das von APA-Wirtschaftsressortleiter Thomas Karabaczek moderierte Gespräch mit Renate Danler (Hofburg Vienna, Kongresszentrum), Helmut Peter (Romantikhotel Im Weissen Rössl) und Christopher Norden (T.A.I. – Tourismuswirtschaft Austria & International).
Helmut Peter, Altwirt im Weissen Rössl am Wolfgangsee, ließ in seinem einleitenden Statement keinen Zweifel darüber aufkommen, wie wichtig die Bedeutung des Tourismus für die österreichische Wirtschaft ist: „Mit Ausnahme der Jahre 2007 und 2008 hat der Tourismus die negative Handelsbilanz immer ins Positive gedreht!
Deshalb ist der Tourismus eine Erfolgsstory, allerdings haben wir zurzeit, wie in anderen Branchen auch, eine Art Reformverweigerung. Wir müssen darüber reden, wie dieses Land touristisch effizienter werden kann.“
Hohe Steuerquoten, schwierige Arbeitsbedingungen, die Herausforderung der Internationalisierung – das sind laut Helmut Peter die vorrangigen Aufgaben der Lobbyisten im österreichischen Tourismus.
„Wenn Österreich eine international bekannte Kernkompetenz hat, dann sind das der Tourismus und die Kultur“, betonte Hofburg-Direktorin Renate Danler. Für sie steht der Mensch im Mittelpunkt: „Ich würde mir viel mehr junge Menschen wünschen, die mit Herz und Engagement im Tourismus tätig sind. Heute ist es viel
schwieriger, motivierte Mitarbeiter im Tourismus zu finden als Gäste!“
Christopher Norden, Herausgeber der Fachzeitschrift T.A.I. – Tourismuswirtschaft Austria & International, hielt es für besonders wichtig, die Freizeitwirtschaft gesamthaft und mit ihren mannigfaltigen Vernetzungen mit anderen Branchen zu sehen: „Dies müssen wir in der Öffentlichkeit noch stärker herausstreichen. Es gibt Regionen in Österreich, die ohne den Tourismus nicht überlebensfähig wären.“
Die künftige Entwicklung des Tourismus in Österreich aber auch international wurde generell positiv beurteilt. „Der Österreich-Tourismus wird langfristig wachsen“, zeigte sich Christopher Norden überzeugt, „Österreich darf daher nicht locker lassen, was die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes oder andere steuerlichen Rahmenbedingungen für Betriebe betrifft. Nur dann bleiben wir im Vergleich zu den alten und neuen Mitbewerbern konkurrenzfähig.“
Renate Danler ließ keine Zweifel darüber offen, dass es einerseits zu einer Marktbereinigung kommen wird, andererseits Kooperationen und Allianzen immer wichtiger werden: „Das Personal ist und bleibt daher ein Schlüsselfaktor. Wir müssen schauen, dass junge Menschen aus dem Ausland nach Österreich kommen, um hier eine professionelle Ausbildung zu bekommen.“ Helmut Peter brachte in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer Aufwertung der Tourismuswissenschaft und Forschung in Österreich ins Spiel.
Die Runde war sich dahingehend einig, dass die Rahmenbedingungen für den Tourismus in Österreich schwieriger werden. „Lassen Sie die Zinsen auf fünf Prozent steigen und gleichzeitig die Übernachtungen um fünf Prozent sinken“, konkretisierte Helmut Peter ein Beispiel, „dann sinken die Preise um zehn Prozent – und das ist für eine Vielzahl der Betriebe aus heutiger Sicht nicht verkraftbar“.
Christopher Norden betonte allerdings, dass sich der österreichische Tourismus in den letzten Jahren als überraschend krisenresistent erwiesen habe: „Viel kritischer wirkt sich die Wirtschafts- und Finanzkrise beispielsweise auf die Mittelmeerländer aus!“ Zusammenfassend einigte sich das Podium auf das Resümee, dass der Tourismus zweifellos eine Schlüsselbranche ist und „ein Kind mit vielen Talenten“, wie Christopher Norden es auf den Punkt brachte. (Quelle: pro.media)
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.