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Wer steckt hinter Gazprom?

Gazprom gehört zu mehr als 50 Prozent dem russischen Staat, beschäftigt über 400.000 Menschen, verfügt über eine eigene Armee und einen Geheimdienst, ist einer der weltweit mächtigsten Energiekonzerne. Zu seinen Geschäftsbereichen gehören die Förderung und Lieferung von Gas, aber auch die Erdölproduktion.

Der Konzern, Europas größter Gaslieferant, ist zugleich Mitbesitzer von Banken, Investmentfirmen, Airlines, Versicherungen, Bauunternehmen und Medien. Über Hunderte von Tochtergesellschaften und Joint Ventures ist Gazprom auf dem globalen Gasmarkt aktiv wie in Österreich, Deutschland, Holland, Frankreich und der Schweiz.

Auffällig ist das undurchschaubare Spinnennetz von Strohfirmen und geheimen Holdings, die von der Schweiz nach Luxemburg, Österreich, Deutschland, Ungarn, Italien bis Zypern reichen.

In Gazprom – das unheimliche Imperium (Westend) enthüllt Jürgen Roth das Firmengeflecht und zeigt, wie der Name mit Korruption, Erpressung, Geldwäsche und Kapitalsteuerflucht verbunden ist.

Der  Autor geht auch der Frage nach, warum europäische Regierungen vor Gazprom „kuschen“ und die Verbraucher angesichts der ins Uferlose steigenden Energiepreise die Zeche und somit die Rendite für russische Milliardäre bezahlen. <––– Georg Karp

Euro 2012 und die Heuchelei der EU

Aus Protest gegen die autoritäre Politik von Präsident Wiktor Janukowitsch bleibt die gesamte EU-Kommission der Fußball-Europameisterschaft 2012 in der Ukraine fern.

Nachdem EU-Präsident José-Manuel Barroso Anfang der Woche sein Fernbleiben bekannt gab, folgten am Mittwoch die Regierungen Österreichs und der Niederlande. Auch die niederländische Königsfamilie wird nicht nach Kiew oder gar Charkiw reisen.

Österreichs sozialdemokratischer Bundeskanzler Werner Faymann: „Wir sind besorgt über die Situation in der Ukraine und im Besonderen über die Haftbedingungen der ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Daher unterstützen wir die Position Deutschlands, das für einen politischen Boykott der EM eintritt. Das ist ein politisches Signal.“

Aber dieses „politische Signal“ ist pure Heuchelei. Denn die menschenverachtende Repressionspolitik des ukrainischen Präsidenten ist nicht erst seit der dubiosen Verhaftung und des jeden Rechtsstaates spottenden Gerichtsverhandlung gegen die ehemalige Ministerpräsidentin bekannt.

Schon vor und während der Regierungszeit von Julia Timoschenko gab es in der Ukraine skandalöse Menschenrechtsverletzungen, brutale Polizeiaktionen gegen oppositionelle Demonstranten und Mißhandlungen von Gefangenen.

Doch war kein Protest der EU und der einzelnen – ach so christlichen und sozialdemokratischen Regierungen, da wurde die staatlich ausgeübte Gewalt der Diktatoren gegen Andersdenke – so wie heute nach wie vor in China oder in den arabischen Staaten – einfach ignoriert oder totgeschwiegen.

Wenn es um Öl und Gas und somit um Milliardengeschäfte geht, werden Präsidenten und Regierungen von Unrechtsstaaten empfangen, umschmeichelt und  hofiert, weil es „diplomatische Gepflogenheit“ und der heimischen Wirtschaft nützt.

Ist der Boykott der Euro 2012 in der Ukraine ein ehrliches Umdenken der Politiker? Keineswegs, es ist purer politischer Opportunismus. Eine menschenverachtende Heuchelei. Mehr nicht. Denn Erdöl und Gas ist der Stoff, aus dem die Wirtschaftsbeziehungen mit der Ukraine weiterhin gepflogen werden. Oder will die EU-Kommission ein Embargo gegen die Ukraine wie bei Iran mittragen?

Georg Karp